Im Aero-Club Bad Nauheim gibt es viel Freiraum für Flugbegeisterte. So ist es auch kein Wunder, dass sich neben den Segelfliegern, Kunstfliegern und den Motorfliegern auch eine Truppe findet, die sich zur historischen Fliegerei hingezogen fühlt. Neben dem gemeinsamen Fliegen der alten Flugzeuge gehört auch das gemeinsame “Werften” zu unseren Aktivitäten. An alten Flugzeugen muss auch viel geschraubt werden.
Einmal im Jahr zieht es uns mit den alten Kisten in die Ferne. Das Küken auf der Reise war dieses Mal die Jodel D140C die erst 56 Jahre alt ist. Das älteste Flugzeug maß nicht weniger als 83 Lenze und ist ein rüstiger Focke-Wulf Stieglitz Baujahr 1937. Die Focke-Wulf Piaggio P.149D (Bj. 1960) und die Orličan L-40 Meta Sokol (Bj. 1959) bilden die Mitte in der Aufstellung der Flugzeugalter.
Lange vor den Ausflügen beginnt die Planung meist im Winter, denn wir sind in der Regel zwischen acht und zwölf berufstätige Flieger die an den Ausflügen teilnehmen. Da heißt es: Urlaub koordinieren! Eine Routenplanung machen wir meist nicht, denn das Wetter diktiert den alten Flugzeugen wo es hin geht. Im Regen fliegen wir nicht so gerne. Da sieht man schlecht und man wird nass. Also geht es immer richtung Sonne. Mal in die Berge, mal nach Polen, Italien, Frankreich und einmal sogar nach Großbritannien.
Das Jahr 2020 hält besondere Herausforderungen bereit und niemand möchte das Risiko eingehen nach der Rückkehr in Quarantäne gesteckt zu werden. Wir bleiben also fern von Risikogebieten innerhalb Deutschlands – also meistens jedenfalls. Am Samstag vor dem Ausflug trafen wir uns auf dem Flugplatz Ober-Mörlen um gemeinsam mit dem Aero-Club den 80sten Geburtstag unseres Freundes Dieter zu feiern. An diesem Abend entsteht auch die vorläufig endgültige Reiseplanung. Nach jedem Teilabschnitt der Reise wird ein neuer Plan geschmiedet – wetter- und interessenabhängig.
Zunächst ging es am Sonntag von Ober-Mörlen nach Leer-Papenburg
Dort wurden wir sehr freundlich Empfangen und sicherten uns einen schönen Stellplatz für unsere Flugzeuge. Danach wurde getankt und ein kurzer Nachmittagsausflug auf die Insel Ameland gemacht. Einmal die Füße ins Wasser strecken und zurück nach Leer-Papenburg. Dort wurde gemütlich Pizza bestellt und nach einem spannenden Tag ging es nach einem Feierabendbier in den Schlafsack unter den Tragflächen unserer Flugzeuge. So wie immer. Das “1000-Sterne-Hotel” ist für uns auf diesen Ausflügen die bevorzugte Übernachtungstaktik. Corona-Konform sozusagen.
Die Morgendämmerung weckte uns am Dienstag sanft aus dem erholsamen Schlaf. Es muss immer etwas passieren: Also liefen wir früh morgens zum Ende der Landebahn, wo wir im Anflug auf den Flugplatz einen kleinen See entdeckt hatten. Der bescherte uns im herrlich warmen Wasser ein unvergleichlich schönen Badegang im Sonnenaufgang. Um 07:00 Uhr waren wir alle gewaschen und gekämmt, bereit zum Frühstück. Nach einem gemütlichen Vormittag auf dem Flugplatzvorfeld hieß es:
Aufsitzen! Weiterflug nach Wangerooge
Es war wunderschön die Inseln und das Wasser von oben zu genießen. Pünktlich vor der Mittagspause des Flugplatzes ab 12 Uhr erreichten wir den Inselflugplatz und trafen dort sogar einen befreundeten Piloten, der auch dort Urlaub machte. Schnell suchten wir uns einen unbelebten Strandabschnitt und genossen das Salzwasser bei Ebbe und bei Flut. Um 15 Uhr öffnete der Flugplatz wieder und wir sattelten am späten Nachmittag die Flugzeuge für den
Weiterflug nach Kiel-Holtenau
Ein ruhiger Flug, unter anderem über den Nord-Ostsee-Kanal, brachte uns in einer Stunde auf den Flugplatz Kiel. Dort vertäuten wir die Flugzeuge und begaben uns auf das Segelschiff unseres Fliegerkameraden Benno, der mit der Focke-Wulf Piaggio P.149D ebenfalls auf dem Ausflug dabei war. Die erste Nacht verbrachten wir im Hafen und erzählten uns bis spät abends Fliegerlatein. Geschlafen wurde sowohl an, als auch unter Deck. Am nächsten Morgen hieß es: Leinen los zur Kaperfahrt! Nach rund zweieinhalb Stunden unter vollen Segeln erreichten wir die Schleimündung wo wir ankerten. Badespaß! Das Beiboot wurde zu Wasser gelassen, die Drohne gestartet um Bilder und Videos zu machen und der Arschbombenwettbewerb lief auf vollen Touren. Nach einem üppigen Mittagessen an Bord segelten wir zurück nach Kiel. Nur zwei der Kameraden kamen mit leerem Magen an, ein dritter konnte die Katastrophe mit Reisekaugummis rechtzeitig vermeiden. Mahlzeit. Flieger sind eben nicht unbedingt für die See gemacht. Abends gab es standesgemäß Fisch in einem örtlichen Restaurant.
Das Wetter wird schlechter
Für Donnerstag waren Gewitter in der Mitte Deutschlands angekündigt. Eigentlich wollten wir bis Donnerstag fliegen. Wir verständigten uns aber darauf, dass es keine Niederlage ist, einen Tag früher nach Hause zu fliegen um schlechtem Wetter aus dem Wege zu gehen. So flogen wir am Mittwochmorgen von Kiel nach Oldenburg-Hatten um die legendäre Flugzeughalle eines Freundes zu besuchen. Legendär ist sie vor allem, weil es auch gleichzeitig sein zu Hause ist. Nach einem kurzen Tank-Stop, Mittagessen und Besichtigung der Halle begaben wir uns auf den Rücksturz nach “Mörlle”. Bei Paderborn mussten wir einen lokalen Schauer umfliegen, was immer sehr eindrucksvoll ist, wenn man es aus der Luft beobachtet.
Am Mittwochnachmittag kamen wir alle glücklich wieder in Ober-Mörlen an. Ein herrlicher Ausflug: Vier Flugzeuge, neun Flieger, ein paar hundert Liter Flugbenzin, dutzende Stunden in der Luft und unendlich viel Spaß! So geht Fliegerurlaub nach Mörller Art.
Text und Bilder: Hermann Kerzendorf